Hände halten eine Kirche

Wichtiges bewahren und sich mit den Menschen an veränderte Situationen anpassen - beides muss die Kirche der Zukunft tun

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Kirche im Wandel

Kirche braucht Erneuerung

Religion gibt es nicht ohne immerwährende Reformen. Und diese These gilt für mich auch, obwohl es in allen Religionen und zu allen Zeiten immer Menschen gab, die meinten, jede Form von Veränderung unbedingt verhindern zu müssen, und in jeder kleinsten Reform den Untergang des Abendlandes wähnten.

Es ist für mich interessant zu sehen, dass Menschen im Lauf ihres Lebens große Veränderungen ganz bewusst gestalten, ihre Wohnung umräumen, neue Klamotten, neuer Style, neuer Haarschnitt, Arbeitsplatz wechseln. In Bezug auf ihre Kirchengemeinde hassen sie aber jede Form von Veränderung – und besonders die besonders Engagierten. Bewusste und geplante Veränderungen halten uns selber am frischen Leben. Das ist in unserer Arbeit so – es braucht neue Herausforderungen, damit wir mit Lust weitermachen. Das ist bei Urlaubszielen so. Beim Kochen. Beim Radlfahren. Beim Bergsteigen. Es gibt zwar Menschen, die 100mal auf den gleichen Berg gehen. Es sind aber nicht ganz so viele. Und es ist auch in der kirchlichen Arbeit so. Andere Zeiten brauchen andere Maßnahmen.

Ich denke, dass wir kirchlich immer ganz bestimmte Angebote zwar aktuell angepasst zuverlässig vorhalten müssen. Wir haben aber unsere Ausrichtungen in der Geschichte der christlichen Kirche immer an die jeweiligen Anforderungen und Bedarfe angepasst. Das ist im Zeitalter der Klimaherausforderung und der Digitalisierung wieder dringend nötig. Darum gilt das alte Lied von Wolf Biermann aus meiner Sicht in alle Ewigkeit: "Nur wer sich ändert, bleibt sich treu."

"Kirche muss sich nicht dauernd erneuern. Und trotzdem hat sich Kirche und muss sich eine Kirchengemeinde immer an das anpassen, was die Menschen in ihren sich ändernden Situationen vom Evangelium und von der Liebe Gottes brauchen."

Landesbischof Christian Kopp

Wohin geht die Reise? Wir wissen, dass sich die bundesdeutsche westliche Gesellschaft seit Jahrzehnten stark verändert. Das erleben wir alle am eigenen Leib. Bezogen auf unsere kirchliche Wirklichkeit bedeutet das ganz konkret: Wir verlieren in bisher unvorstellbarem Maß Mitglieder. Das bedeutet, dass wir jetzt als Kirche handeln müssen. Wir müssen von den Kosten runter. Wir müssen deutlich Kosten reduzieren in allen Bereichen. Und wir müssen jetzt neu in die Frage gehen, was wir wirklich brauchen als Kirche. Wie wir Kirche sein wollen 2025, 2030, 2035. Und da reichen kleine Schritte aus meiner Sicht eben nicht mehr.

Die gute Laune nicht verlieren

Und wir dürfen bei alldem nicht die gute Laune verlieren – ich verliere sie auf jeden Fall nicht. Ecclesia semper reformanda – die Kirche muss immer erneuert werden. Dieses Zitat ist gar nicht so leicht zu verorten – aus der Reformation stammt es nicht. Und als Satz selber stimmt er aus meiner Sicht nicht. Kirche muss sich nicht dauernd erneuern. Manches bleibt auch für immer gleich. Und trotzdem hat sich Kirche und muss sich eine Kirchengemeinde immer an das anpassen, was die Menschen in ihren sich ändernden Situationen vom Evangelium und von der Liebe Gottes brauchen.

19.10.2023
Landesischof Christian Kopp