Hände halten eine Weltkugel

Der christliche Beitrag für die Welt ist so wichtig.

Bild: gettyimages/Banphote Kamolsanei

Kirche in der Gesellschaft

Die Welt braucht unseren Beitrag

Sicher ist: Wir werden als Christinnen und Christen weniger. Wir werden weniger finanzielle Ressourcen haben. Aber sicher ist doch auf jeden Fall: Unser Beitrag ist so wichtig.

Ich bin mit vielen der Überzeugung, dass wir alle miteinander gerade eine besondere Zeit erleben. Schlaue Chronistinnen oder Chronisten werden mit etwas Abstand Werke über diese Zeit schreiben. Da wird dann von Achsenzeit oder Zeitenwende, von Kipppunkten oder grundlegenden Transformationen die Rede sein.

Diese Zeit verändert gerade die Grundannahmen, auf denen unsere Religionsgemeinschaft in den letzten 100 Jahren gegründet war. Da dreht sich etwas. Es ist noch nicht ganz genau abzusehen, in welche Richtung es geht. Aber sicher ist: Wir werden als Christinnen und Christen weniger. Wir werden weniger finanzielle Ressourcen haben. Aber sicher ist doch auf jeden Fall: Unser Beitrag ist so wichtig.

"Ihr haltet das Ganze zusammen"

Ein Landesminister hat mir kürzlich gesagt: Ihr seid das Gewebe, der Glibber rund um die Knochen unseres Staates. Ihr haltet das Ganze zusammen. Wir brauchen Euch, überall. Nicht selten frage ich mich in all den Austrittsdiskussionen, ob uns in der Evangelischen Kirche eigentlich klar ist, wie sehr diese Welt unseren Beitrag braucht und schätzt. Nicht alle, aber viele.
 

Ein Freund von mir, der eine psychiatrische Klinik leitet und sehr evangelisch ist, sagt immer: Warum steht bei euch an euren Gemeindehäusern eigentlich nicht dran: Hier wird zugehört. Wir können zuhören. Wir haben es gelernt. Wir leben in einer unglaublich auf sich konzentrierten Welt. Wir Christinnen und Christen sind Menschen, die nicht alleine leben wollen. Die wissen, es geht nur gemeinsam. Dafür braucht es Zuhören. Dafür braucht es Sorge für die Seele.

Ohne tätige Nächstenliebe gibt es keine Kirche, keinen Glauben, kein Christsein. Und das betrifft alle Bereiche. Manchmal bin ich schon sehr dankbar, wenn Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher überhaupt wissen, welche diakonischen Einrichtungen im eigenen Gemeindegebiet sind, geschweige denn, ob es da intensive Kontakte gibt. Diese tätige Seite hat immer Konjunktur.

Ich möchte ohne Gott nicht leben. Ich bin davon zutiefst überzeugt, dass Menschen mit dieser unsichtbaren Seite des Lebens glücklich leben können. Mich tröstet das. Ich muss das hier nicht allein wuppen. Ich bin auch nicht für alles verantwortlich. Ich verdanke mich nicht mir selber. Mein Beitrag ist wichtig, aber er ist beileibe nicht alles. Ich muss auch nicht alles verstehen. Deshalb wünsche ich mir so, dass wir diese spirituelle Seite immer intensiv leben und erlebbar machen. Ich wünsche mir berührende, sinnliche Gottesdienste, in denen eine Sprache und Ordnung verwendet wird, die andere verstehen können. Auf der Höhe der Zeit.

Das ganze Unternehmen hier hat ehrenamtlich begonnen, wird im Wesentlichen von Ehrenamtlichen betrieben und wird irgendwann – sollte es enden – auch ehrenamtlich zu Ende gehen. Deshalb investieren wir so viel Energie wie möglich in das konsequente Freiwilligenengagement. Kirchengemeinden wünsche ich mir als Freiwilligenagenturen vor Ort. Dort kann ich mich mit meinen Fähigkeiten und Interessen einbringen für andere und für das Wohl der Gemeinschaft vor Ort. Und wenn Kirchengemeinden das noch nicht so richtig sind, dann – lasst es uns werden.

Es gibt so unendlich viele Gründe, als Christinnen und Christen heiter durchs Leben zu gehen. Herzhaft zu lachen, am lautesten über mich selbst und meine Marotten und Unzulänglichkeiten. Lasst uns mit allem von mir aus sparsam und haushälterisch umsichtig umgehen – aber niemals mit dem Humor und mit dem Lachen. Das brauchen wir, das braucht die Welt.

13.04.2021
Landesbischof Christian Kopp