Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm am Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien
Bild: ELKB
Menschenrechte wahren
Gegen ein "Europa der Abschottung"
In Ungarn besuchte der Bischof den Hauptbahnhof in Budapest sowie die Flüchtlingslager in Bicske und Röszke. Dort sprach er mit zahlreichen Flüchtlingen und Helfern. Vom ungarischen Staat würden die Asylsuchenden nicht nach humanitären Standards behandelt, sagte der Landesbischof im heute-journal und im ZDF-Morgenmagazin. „Wenn man hier herkommt, erschrickt man." Die Regierung tue „sehr wenig“ für die Flüchtlinge. Wären da nicht die zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aus ganz Europa, „dann würde das Ganze zusammenbrechen“. Er habe sehr viele beeindruckende Menschen getroffen, so Bedford-Strohm, die sich für die erschöpften Menschen engagiert hätten – darunter auch viele ungarische Christen. Sie hätten den Beitrag Ungarns für ein humanes Europa sehr deutlich gemacht. „Wunderbar, was dort geleistet wird.“
Europa ist keine Festung
Bedford-Strohm besichtigte auch den letzten verbliebenen Durchgang an der Grenze zu Serbien. Die Frauen, Männer und Kinder, die ihm dort begegneten, seien sehr erschöpft aber erleichtert gewesen. Er wolle sich nicht vorstellen, was passiere, wenn der Zaun geschlossen werde, betonte der Landesbischof. „Wenn die Menschen nach allem, was sie erlebt haben, und nach der langen Reise vor einem Stacheldraht um Europa stehen.“ Diese Flüchtlinge würden bestimmt nicht umkehren und in ihre Länder zurückkehren, sondern sich andere – noch gefährlichere – Wege nach Europa suchen. Bedford-Strohm: „Es ist für mich ganz klar: Es kann nie und nimmer eine Antwort sein, einen Stacheldraht um Europa zu ziehen.“ Eine Festung Europa dürfe es nicht geben.
Auf seiner Reise hatte den Landesbischof auch die Nachricht über den deutschen Beschluss zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu Östereich erreicht. Dies könne nur „eine Atempause, keine wirkliche Lösung“ sein, betonte Bedford-Strohm, äußerte aber auch Verständnis für die Entscheidung der Regierenden. In der Bundesrepublik sei die Bereitschaft, mit der Situation der Flüchtlinge humanitär umzugehen, grundsätzlich auch unter den Politikern sehr hoch. Dafür seien aber manchmal auch Maßnahmen erforderlich, „die man sich nicht wünscht“. Das könne aber nur eine Übergangslösung sein.
"Christliches Abendland" wirklich ernst nehmen
Dass die Kanzlerin die Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland einreisen ließ, sei richtig und ein Akt der Humanität in einer Notsituation gewesen, urteilte der Landesbischof. Die Gesamtbewertung der Situation habe dazu geführt, die Regeln außer Acht zu lassen und einfach für die Menschen da zu sein. „Wenn wir das Wort ‚christlich‘ in diesem Wort ‚Christliches Abendland‘ wirklich ernst nehmen wollen, dann kann es gar nicht anders sein, als dass wir auch ernst nehmen, was Christus selbst gesagt hat: ‚Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.‘ Das muss Konsequenzen haben für unser Verständnis von Europa. Und da hat Deutschland richtig gehandelt.“ Europa müsse ein Ort sein, an dem Menschenrechte gelebt und Menschen in Not angemessen versorgt würden. Die Regierenden in Europa müssten sich dringend zusammenraufen und miteinander reden, forderte Heinrich Bedford-Strohm. „Und das Ergebnis muss sein, dass ganz Europa, dass alle Länder Europas Verantwortung übernehmen.“ Hier könne das Beispiel Deutschlands eine „inspirierende Wirkung für ganz Europa“ haben.